Ein ausgewachsener Puma wurde am 16. März 2022 in der Auffangstation für Reptilien in München von der Polizei angeliefert. Das Tier wurde einen Tag zuvor bei einer allgemeinen Verkehrskontrolle in einem Kleinwagen entdeckt, der auf dem Weg aus Tschechien war.
Eigentlich ist der gemeinnützige Verein der Münchner Auffangstation für Reptilien und andere exotische Haustiere zuständig. Da es keine anderen Einrichtungen gibt, müssen sie dann schon einmal bei Wildtieren einspringen, die normalerweise nicht im Wohnzimmer oder im Garten der Halter zu finden sind. So wurde das Team am 16. März 2022, mit einem sehr ungewöhnlichen Fall überrascht.
Am Vormittag wurde von der Polizei ein ausgewachsener Puma zur ersten Unterbringung und Versorgung gebracht. Am Abend zuvor wurde bei einer allgemeinen Verkehrskontrolle ein Puma in einem Kleinwagen entdeckt. Eingepfercht in eine Holzkiste, wurde das Tier anscheinend über mehrere hundert Kilometer von Tschechien aus nach Deutschland transportiert. Sein genauer Bestimmungsort ist nicht ganz sicher – angeblich jedoch war die Katze für eine private Haltung in Baden-Württemberg bestimmt. Eine andere Version lautete, dass der Käufer in Belgien auf seine Lieferung warte.
Puma war extrem gestresst und war unterernährt
Die Beamten fanden bei der Kontrolle vor Ort in einem zweitürigen Kleinwagen eine Holzkiste aus dünnen Sperrholzplatten vor. Lediglich einige Luftlöcher deuteten darauf hin, dass hier ein Tier transportiert wurde. Auf die potentielle Gefährlichkeit des Pumas deutete erst einmal nichts hin. Erst bei näherem Hinsehen konnte die Katze ausgemacht werden. Sofort wurde der Deutsche Tierschutzbund informiert, welcher wiederum die Münchner Einrichtung als Kooperationspartner um schnelle Hilfe bat. Gegen Mitternacht war dann klar: Außer der Auffangstation kann und wird niemand in Bayern das Tier so schnell unterbringen und versorgen können.
Bei Ihrer Ankunft zeigte die Pumadame durchweg Anzeichen höchsten Stresses: Schnelle, flache Atmung, stereotypes Verhalten wie Dranglaufen, hecheln und speicheln. Dazu kommt, dass das Tier sehr mager ist und mit lediglich 40 Kilo etwa 25 bis 40 Prozent unter seinem normalen Körpergewicht liegt.
Zoo für Aufnahme der Pumadame gesucht
Für die ersten Tage wurde die Katze, die nun intern den Namen Penelope trägt, in einem Innengehege des Exotenhauses untergebracht. Hier werde sie hoffentlich etwas zur Ruhe kommen können, hofft der Leiter der Station, Dr. Markus Baur. Allerdings sagt er: „Eine dauerhafte Unterbringung ist hier allerdings aufgrund des akuten Platzmangels nicht möglich. Im Moment bietet sich noch keinerlei Option, das Tier bei einer anderen Organisation artgerecht unterzubringen. Wir arbeiten jedoch zusammen mit unserem Netzwerk aus NGOs, Tierschutzorganisationen und zoologischen Einrichtungen seit vorgestern Nacht mit Hochdruck an diesem Problem.“
Die Mitarbeiter der Tierauffangstation sind entsetzt über diesen neuerlichen Fall des illegalen Handels mit einem wilden Tier. Wieder zeige sich, dass es an Kotrollen der gängigen Routen, an offiziellen Anlaufstellen sowie Auffangmöglichkeiten für Tiere eklatant fehle. Die Reiseroute der Tiere von den Staaten im Osten über Deutschland bis in die Beneluxstaaten sei wahrlich keine Unbekannte. Dr. Baur dazu: „In Tierschutzkreisen spricht man inzwischen von der Achse des Bösen. Ein steter und scheinbar vollkommen ungestörter Strom an wilden Tieren wird in ungesicherten Autos, auf Lastpritschen und in Kisten kreuz und quer durch Europa gekarrt. Die Internetseiten, auf denen diese Tiere für viel Geld erworben werden können, sind jedermann frei zugänglich. Kontrolle von Artenschutz: Fehlanzeige! Kontrolle der Sachkunde oder der Haltung: Gibt es nicht!“
Staatliche Förderung für professionell geführte Auffangstationen gefordert
Die Münchner Station kritisiert, dass keine Polizei, kein Amt, keine Kommune und schon gar keine Landesregierung sich ultimativ für diesen für diesen skandalösen Zustand zuständig fühle. Einer, der einmal mehr nur durch die unermüdliche und unbürokratische Zusammenarbeit von Vereinen, die in der Regel nicht staatlich gefördert werden, sondern komplett von Spendengeldern abhängig sind, ein wenig aufgefangen werden kann. Die Auffangstation erneuert die Forderungen nach schärferen Kontrollen, nach der Einschränkung des Handels und vor allem nach der Finanzierung professionell geführter Auffangstationen und die sogenannte Vorhaltung von Aufnahmekapazitäten für genau solche Fälle, wie in hier geschehen.
Die Auffangstation für Reptilien in München ist eine der ganz wenigen Anlaufstellen in Europa für Behörden, die mit solchen Tieren konfrontiert werden und sie unterbringen müssen. Einerseits sind die Mitarbeiter erleichtert, dass dieser Puma nun hier in Sicherheit ist und sind gleichzeitig zutiefst besorgt über die Tatsache, dass unklar ist, wie es mit ihm weitergehen soll.
Über die Auffangstation für Reptilien
Die Auffangstation für Reptilien, München e.V. ist ein gemeinnütziger Verein, der 2001 gegründet wurde. Mit jährlich über 1.500 geretteten und weitervermittelten Tieren ist es Deutschlands größte Auffangstation für exotische Haustiere. Die Aufklärung der Bevölkerung über die hohen Ansprüche vieler Arten ist dabei ebenso wichtig, wie die Zusammenarbeit mit den Behörden, anderen Tierhalteeinrichtungen und der Politik. Die speziell geschulten Tierpfleger, Tierärzte und Biologen sorgen mit ihrer wissenschaftlich fundierten Arbeitsweise für eine nachhaltige Verbesserung der Haltungsbedingungen von Reptilien und anderen Exoten in ganz Deutschland.
Heute werden durchschnittlich mehr als 1.200 Tiere jährlich in der Station abgegeben, die im Veterinärmedizinischen Institut der Universität München in der Kaulbachstraße 37 untergebracht ist. Für einen großen Teil der Abgabetiere können zügig neue Halter ermittelt werden. Ein Neubau der Auffangstation ist in Neufahrn bei München geplant, der vom Freistaat Bayern gefördert wird. Die Planungen dazu sollen im Sommer diesen Jahres abgeschlossen sein.
Die Auffangstation ist dauerhaft auf Spenden angewiesen und freut sich sehr über jede Unterstützung.