50 Organisationen aus Politik, Kirche, Gewerkschaften und Gesellschaft, die die Vereinigung „München ist bunt“ unterstützen, haben erklärt, dass der Münchner Pegida-Ableger einen rassistischen und rechtsextremen Charakter hat. Die Erklärung hat unter anderem auch die CSU München unterschrieben.
Hier die Stellungnahme von München ist bunt im Wortlaut:
„Anlässlich der Zweifel von Seiten der bayerischen Verwaltungsgerichte und Sicherheitsbehörden zur Einordnung der Pegida-Bewegung und ihrem Münchner Ableger steht für uns fest: Die Münchner Pegida-Gruppe besitzt in ihrem Auftreten, in ihren Äußerungen und in ihrer personellen Zusammensetzung einen klar rechtsradikalen Charakter. Elemente rechtsradikaler Ideologie, wie Rassismus, Chauvinismus und völkischer Nationalismus, sind durch Reden sowie mitgeführte Spruchbänder und -schilder belegbar. Dies klar zu benennen ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche Auseinandersetzung mit Pegida. Hierbei ist nicht nur die Münchner Zivilgesellschaft gefordert, sondern auch die Politik und alle staatlichen Akteure. Wir haben uns daher zu dieser gemeinsamen Stellungnahme entschlossen und appellieren an Politik und staatliche Akteure, die hier vorhandene Gefahr ernst zu nehmen.
Die Demonstrationen von Pegida in München waren von Anfang an maßgeblich von der bayerischen und Münchner Naziszene getragen. Gerade in den ersten Wochen waren sämtliche Münchner Nazi-Organisationen vertreten. Die Versammlungen stellten die größten Neonazi-Aufmärsche in München seit einigen Jahren dar. Bis heute laufen verurteilte Rechtsterroristen unbehelligt und mit Wissen der Veranstalter auf den Demonstrationen mit. Bürgerliche Organisatoren? Von Seiten der Veranstalter wird das Bild vermittelt, sie selbst hätten mit dem NaziMilieu nicht viel zu tun – man setzt auf eine bürgerliche Fassade. Auch wenn man von dem Tolerieren bekannter Rechtsterroristen und Neonazis auf den Kundgebungen, fällt dieses Bild schnell in sich zusammen, wenn man einen Blick auf die Organisatoren selbst wirft. Diese setzen sich aus einem ehemaligen NPD-Kandidaten, einer Person, gegen die wegen Bildung einer rechtsterroristischen Vereinigung bereits seit 2012 ermittelt wird, und einer Person aus dem Milieu der vom Verfassungsschutz überwachten Partei „Die Freiheit“ zusammen.
Teilnehmer nur „besorgte Bürger“? „Volksverräter“, „Lügenpresse“, „nationaler Widerstand“, „nieder mit der bayerischen Justiz“. Dies sind nur ein paar Beispiele dafür, was auf den Demonstrationen skandiert wird. Wer regelmäßig mit Rechtsterroristen marschiert, wer eine Reichskriegsfahne in den eigenen Reihen akzeptiert , wer typisch rechtsradikale Parolen skandiert und in einer solchen Art gegen Minderheiten, Presse und Politiker hetzt, ist kein „besorgter Bürger“. Bezug zu Orten des Nationalsozialismus Zwar wird in Reden kein direkter positiver Bezug zum Nationalsozialismus hergestellt. Dennoch wird neben den Überschneidungen in Bezug auf Hetze gegen Minderheiten auch anderweitig ein Bezug hergestellt: Durch die bewusste Wahl der Versammlungsorte. Die Feldherrnhalle hatte als Ort des gescheiterten HitlerPutsches 1923 in der NS-Propaganda einen hervorgehobenen Stellenwert. Dass Pegida diesen aufgreift und auch mit anderen in Bezug auf den Nationalsozialismus historischen Orten kokettiert, wie etwa dem Königsplatz, dem Geschwister-Scholl-Platz und dem Platz der Opfer des Nationalsozialismus, spricht für sich. Wer an solchen Orten gegen Minderheiten hetzt – noch dazu mit sich ganz offen auf den Nationalsozialismus beziehenden Neonazis in den eigenen Reihen und einem Kundgebungsleiter, gegen den wegen Rechtsterrorismus ermittelt wird -, verhöhnt die Opfer des Nationalsozialismus.
Bewegt sich die Hetze gegen Minderheiten auf den Demonstrationen meist bewusst im rechtlich nicht ahndbaren Rahmen und beschränkt sich oft auf Andeutungen („Das sag ich jetzt lieber nicht“), fallen auf der Plattform Facebook ganz andere Töne. Besonders in den ersten Wochen waren dort Kommentare wie „MGs Feuer frei u Ruhe ist“ zu lesen Aber auch aktuell wird dort der Bezug zur demokratiefeindlichen Szene offensichtlich. So wurde beispielsweise am 7.10.15 ein „Gastbeitrag“ der Identitären Bewegung geteilt. Über diese schreibt die Bundeszentrale für Politische Bildung: „Tatsächlich vertreten die Identitären klassische islamfeindliche, rassistische und demokratiefeindliche Positionen.“
Der Münchner Pegida-Verband stellt sich selbst gern als Ableger der Dachorganisation in Dresden dar. Dort sprach am 19.10. der deutsche BestsellerAutor Akif Pirinçci vor 20.000 Pegida-Anhängern und sagte unter Applaus: „Die KZs sind ja leider derzeit außer Betrieb“. Wer nach dieser Aussage noch unter der Fahne von Pegida aufmarschiert, macht sich mit dieser unglaublich menschenverachtenden und die Opfer der deutschen Konzentrationslager verachtenden Aussage gemein. Die Versammlungen von Pegida haben aus unserer Sicht einen eindeutig rassistischen und rechtsextremen Charakter. Mit den Demonstrationen werden zum einen solche Positionen in die Breite getragen. Zum anderen zeigt die Erfahrung der 1990er Jahre, welche Konsequenzen das Verharmlosen und Ignorieren der rechten Szene haben können. Hier sei nur kurz auf den gemeinsamen Abschlussbericht des NSU-Untersuchungsausschusses des Bundestags verwiesen: „Die Analyse der Verfassungsschutzbehörden in Bund und Ländern zur rechtsterroristischen Gefahr war falsch und grob verharmlosend“.
Ein solcher Fehler darf sich nicht wiederholen. Wir fordern daher die Politik und alle staatlichen und kommunalen Akteure auf, dieser Bewegung mit allen zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen Mitteln entgegenzutreten. Wir solidarisieren uns mit der breiten, friedlichen und bunten Protestbewegung gegen Pegida und mahnen zu einem verhältnismäßigen Umgang mit den legitimen und notwendigen Formen des Protestes und des friedlichen Widerstands. Wir danken allen Münchnerinnen und Münchnern, die sich Pegida seit Jahresanfang immer wieder friedlich entgegenstellen und mit ihrem vielfältigen Protest dafür sorgen, dass rechtsradikale Hetze nicht unwidersprochen bleibt. Sie verdienen den Respekt und die Unterstützung der gesamten Münchner Stadtgesellschaft.“
Unterzeichnende Organisationen:
- München ist bunt! e.V.
- Alt-Katholische Kirchengemeinde München
- Arbeitsgemeinschaft katholischer Verbände & Gemeinschaften Region München
- Ausländerbeirat
- Bayerische Staatsoper
- Bellevue di Monaco
- Berufsverband Bildender Künstler München und Oberbayern e.V.
- Bürgervereinigung Obermenzing e.V. Caritas – Region München
- Chaverim e.V.
- CSU München
- DGB München
- DIE LINKE im Münchner Stadtrat
- Erzpriester Apostolos Malamoussis Bischöfliche Vikar in Bayern der Griechisch-Orthodoxen Metropolie von Deutschland
- Evangelisch-Lutherisches Dekanat München
- Evangelische Akademie Tutzing
- Evangelische Stadtakademie
- FDP München
- Feierwerk
- Filmstadt München e.V.
- Freunde Abrahams Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V. Regionale Arbeitsgruppe München
- Grüne Jugend München
- GRÜNE München
- Harry Klein
- Humanistische Union e.V. Regionalverband München-Südbayern
- InitiativGruppe – Interkulturelle Begegnung und Bildung e.V. (IG)
- i-camp/Neues Theater München
- Jüdisches Museum München
- Jusos München Kreisjugendring München-Stadt
- Kultur-Etage Messestadt
- Kulturforum München-West e.V.
- KulturRaum München e.V.
- Liberal jüdische Gemeinschaft Beth Shalom
- Matthias Lilienthal (Münchner Kammerspiele)
- Münchner Flüchtlingsrat
- Münchner Volkstheater
- Netzwerk demokratische Bildung
- ÖDP im Münchner Stadtrat
- Oekumenisches Buero fuer Frieden und Gerechtigkeit e.V.
- Pädagogische Aktion SPIELkultur e.V.
- Pax Christi
- PIRATEN München
- Residenztheater
- Rosa Liste e.V.
- SPD München
- SPIELART Festival
- Städtische Galerie im Lenbachhaus
- Stadtarchiv München
- Sub – Schwules Kommunikations- und Kulturzentrum e.V.
- Lesbentelefon e.V.
- Wir sind Kirche
- Weiße Rose Stiftung e.V.