„Kein Zutritt für Extremisten“ steht auf einer der Bierbänke, die auf der Theresienwiese von Schülerinnen und Schülern als Schutzschild in die Höhe gehalten werden. Am Vortag zum 40. Jahrestag des Oktoberfest-Attentats hat die Initiative „Schulterschluss“ des Münchner Kabarettisten Christian Springer einen menschlichen Schutzkreis gegen Extremismus gebildet.
Um das dunkle Kapitel der Münchner Stadtgeschichte – das Wiesn-Attentat im Jahr 1980 – von einer neuen Generation im kollektiven Gedächtnis bewahrt wird, initiierte der Kabarettist Christian Springer am 25. September 2020 eine Erinnerungsaktion mit 100 Schülerinnen und Schülern auf der Theresienwiese. „Feiernde Menschen waren das Ziel des Attentats. Kinder, Eltern, Opas und Omas, Freunde – Extremisten machen keinern Halt vor Unschuldigen. Im Gegenteil, Doch in der Erinnerungskultur an das schreckliche Attentat von 1980 wurden oft diejenigen vernachlässigt, die auch unter den Opfern waren: Kinder und Jugendliche.“, sagte Christian Springer.
Die Generation der heutigen Schülerinnen und Schüler war zum Zeitpunkt des Ereignisses lange noch nicht geboren. Daher will die Aktion „Schulterschluss“ Momente schaffen, die durch die Erinnerung eine Orientierung für die Gegenwart schaffen. Die Idee dabei war, Botschaften gegen das Vergessen und gegen Extremismus zu schaffen und zu teilen.
Im Vorfeld der Aktion setzte sich Schulterschluss gemeinsam mit den beteiligten Schülerinnen und Schüler der Berufsschulen für Medienberufe und für Farbe und Gestaltung in München in Vorträgen mit dem Attentat auseinander. Eine Bombe, gelegt vom einem Rechtsextremisten, zündete am Freitag, 26. September 1980 um 22.19 Uhr am Haupteingang des Oktoberfests. Der Terrorakt forderte 12 Tote und 213 Verletzte. Auch der Attentäter wurde bei dem Anschlag getötet. Viele Akten sind bis zum heutigen Tag geschlossen. Einzelnen Personen, Opferanwälten und insbesondere dem Journalisten Ulrich Chaussy ist zu verdanken, dass im Laufe der Zeit immer mehr Details zu den Hintergründen der Tat ans Licht kamen. Aber auch 2020 sind diese noch nicht restlos aufgeklärt.
Im Juli 2020 wurden die wieder aufgenommenen Ermittlungen von Generalbundesanwalt Peter Frank eingestellt. Als Ergebnis verkündete die Bundesanwaltschaft, sie sei zu dem Schluss gekommen, dass die ursprüngliche Annahme, der Täter habe rein aus persönlichen Motiven agiert und sei kein Gesinnungstäter gewesen, falsch war. Vielmehr habe der Attentäter Gundolf Köhler aus einer „rechtsextremistischen Motivation heraus gehandelt“, die bevorstehende Bundestagswahl 1980 beeinflussen wollen, indem man die Tat dem linksextremen Spektrum zuschiebt, und „einen Führerstaat nach Vorbild des Nationalsozialismus“ angestrebt.
Das Projekt wurde über den gesamten Zeitraum, von den Vorträgen über die Gestaltung der Bänke bis hin zur Gedenkaktion heute auf der Theresienwiese, medial dokumentiert. Das Endprodukt – ein Projektvideo und zahlreiche audiovisuelle Inhalte, speziell auf die Anforderungen sozialer Medien angepasst – sollen in den kommenden Wochen online verbreitet werden. „So soll das Projekt über die Klassenzimmer hinaus, zu einem Aufruf, einem Erinnern, von jungen Menschen für junge Menschen werden, damit zum 40. Jahrestag des unfassbaren Anschlags nicht nur die unmittelbar Anwesenden aktives, wehrhaftes und demokratisches Handeln zeigen.
Video Schulterschluss Erinnerungsaktion mit Christian Springer zum 40. Jahrestag Wiesn-Attentat
Fotostrecke Schulterschluss-Aktion Christian Springer 40. Jahrestag Oktoberfest-Attentat