Aus der Zeit vor der Stadtgründung von München im Jahre 1158 zeugen archäologische Funde in der Hochbrückenstraße, dass das Gebiet außerhalb der ersten Stadtmauer bereits zum historischen Siedlungskern gehört hat.
Spätestens seit den archäologischen Ausgrabungen vor dem Bau der zweiten S-Bahnstrecke im Marienhof ist bewiesen, dass es schon vor der Stadtgründung im Jahr 1158 dort ein reges öffentliches Leben gegeben hat. Eine Keramikscherbe, die aus fünf Metern Tiefe entdeckt wurde, belegt eine Besiedlung des Stadtkerns bereits 100 Jahre vor der Stadterhebung.
Eine neuere Grabung im letzten Jahr in einem Grundstück in der Hochbrückenstraße hat nun den Beleg dafür gegeben, dass es auch außerhalb der ersten Stadtmauer vor der Stadtgründung bereits eine intensive Nutzung der Fläche gab. Das Landesamt für Denkmalpflege hat nun die Ergebnisse der Archäologen veröffentlicht. Die Siedlungsreste, die bei Bauarbeiten zutage kamen, belegen einen bislang unbekannten mittelalterlichen Siedlungskern in der Münchner Altstadt. Die seit Jahren intensiv betriebene Stadtkernarchäologie lieferte bislang nur wenige Spuren älterer Bauten.
Die nun gefundenen Reste von Holzbauten, Ofenanlagen und Keramik aber lassen sich nach ersten Auswertungen bereits in das 11. beziehungsweise frühe 12. Jahrhundert datieren. Die neuen archäologischen Funde bezeugen auch hier eine Besiedlung schon vor der Mitte des 12. Jahrhunderts. Sie gehören zu den ältesten mittelalterlichen Objekten, die in der Münchner Altstadt gefunden wurden.
„Die Auswertung der Funde wirft ein völlig neues Licht auf die Münchner Stadtgeschichte“, so Generalkonservator Prof. Dipl.-Ing. Mathias Pfeil, Leiter des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege. „Niemand hat bisher vermutet, dass sich auf einem Gebiet außerhalb der
später gebauten Stadtmauern bereits so früh öffentliches Leben abspielte.“, so Pfeil.
Die östliche Teil der ersten Stadtmauer, die 1175 gebaut wurde, verlief etwa an der heutigen Sparkassenstraße. Die entdeckten Siedlungsreste wurden 300 Meter östlich davon gefunden. Auf einer Fläche von etwa 150 Quadratmetern in der Hochbrückenstraße wurden die Funde bereits 2020 entdeckt, nun liegt der Grabungsbericht mit der Auswertung vor. Vor allem die zahlreich vorhandene Keramik übertrifft alles, was bisher bei anderen Grabungen im Bereich der Altstadt gefunden wurde. Nur vereinzelt gab es dort bisher Funde aus vorwittelsbachischer Zeit.
Über die mittelalterliche Entwicklung dieses Quartiers war archäologisch bisher nichts bekannt, da das Gebiet unter einer Aufschüttung für die Stadtbefestigung verborgen blieb und später mit Wohn- und Geschäftshäusern bebaut wurde.
Die Funde zeigen, dass die Siedlung mindestens bis in das 14. Jahrhundert hinein bestand. Nach dem Bau der zweiten Stadtmauern im 13. Jahrhundert mit dem Isartor im Osten blieb sie wohl eine typische Vorstadtsiedlung. Die Archäologen vermuten dass dort möglicherweise wurden dort feuergefährliche Gewerke wie die Metallverarbeitung betrieben wurden.
Die weitere Auswertung der Funde wird im Rahmen des langfristig für die archäologischen Ausgrabungen im Stadtgebiet München ins Leben gerufenen Projekts Archäologie München erfolgen.