München am Sonntagmorgen um sechs Uhr: Auf geht’s zum Kocherlball

Bis zu 15.000 Tanzwütige pilgern am Sonntagmorgen zu nachtschlafender Zeit zum Kocherlball am Chinesischen Turm im Englischen Garten in München. Um sechs Uhr morgens gibt dann Tanzmeisterin Katherina Mayer den Startschuss zum ersten Tanz. 

Kocherlball 2017

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts traf sich jeden Sonntag früh bei schönem Wetter das Hauspersonal am Chinesischen Turm zum Tanz:  Köchinnen, Hausdiener, Gärtner und Kindermädchen. Ganz frühmorgens, weil sie später, wenn die Herrschaft aus der Kirche zurück war, wieder zum Dienst antreten mussten. 

1989, zum 200. Geburtstag des Englischen Gartens, wurde diese Tradition wiederbelebt. Der Kocherlball genießt inzwischen Kultstatus und ist aus dem Münchner Festkalender nicht mehr wegzudenken. Bereits im Morgengrauen werden viele Tische von den Besuchern selbst mit Kerzen, Tischdecken und Blumen geschmückt, um dem Kocherlball dieses ganz besondere Flair zu geben. Genau um 6 Uhr morgens wird der Ball eröffnet, zu dem jedes Jahr Tausende von Münchnern und auswärtigen Gästen in den Englischen Garten kommen, um Landler, Zwiefache, Polka und Walzer zu tanzen.

Für die kulinarische Versorgung stehen die Biergartenköche der Haberl Gastronomie schon vor Sonnenaufgang am Herd und sorgen für Frühstück, deftige Schmankerl und Getränke von Kaffee bis frisch gezapftes Hofbräubier.  Mit viel Schwung sorgt Tanzmeisterin Katharina Mayer von 6 bis 10 Uhr dafür, dass auch Ungeübte die echten bayerischen Volkstänze und selbst den Höhepunkt der Veranstaltung, die Münchner Francaise, mittanzen können. Katharina Mayer wird zusammen mit Magnus Kaindl die Schritte nicht nur erklären, sondern auch vortanzen. Für die mitreißende Musik sind in diesem Jahr der „Niederbayerische Musikantenstammtisch“ und „Äff-tam-tam“ aus dem Bayerischen Wald zuständig.

Wenn der Wettergott den Münchnern am Sonntag, den 15. Juli 2018 nicht gnädig sein sollte, fällt der Ball aus und wird nicht wie in den vergangenen Jahre üblich auf den vierten Juli-Sonntag verlegt. Die Besucher werden gebeten, sich bei unklarem Wetter auf www.kocherlball.de zu informieren.

Im Jahr 1904 wurde der Ball übrigens verboten. Der Grund: Die Kocherl und ihre Galane sollen es mit der Sittlichkeit nicht so genau genommen haben. Das Wort „Kocherl“ der Zeit Ende des 19. Jahrhunderts. Dienstmägde, Diener, Haushälterinnen und vor allem das Küchenpersonal und die Köchin, wurden so genannt.

Der Eintritt ist übrigens frei. Getränke (auch Kaffee in Kannen) dürfen nicht mitgebracht werden, sondern werden nach Münchner Tradition bei den Wirtinnen gekauft. Essen darf im wie im Biergarten üblich mitgebracht werden. Der überwiegende Teil der Besucher kommt in Tracht oder in historischen Kostümen zum Kocherball. Gastgeberinnen sind die Wirtinnen Antje Schneider und Anneliese Haberl vom Restaurant und Biergarten am Chinesischen Turm. 

Die Veranstalter bitten alle Gäste, mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit dem Fahrrad zu kommen. Die Parkplätze sind in der gesamten Umgebung immer sehr schnell besetzt. Die Busse zum Chinesischen Turm (Bus 54 oder 154) und die U-Bahn U3 und U6 mit Haltestelle Giselastraße sowie die Straßenbahnlinie 16, Haltestelle Tivolistraße, fahren bereits so früh.

Die Musikanten

Jenseits von Stadlromantik und Traditionalistenkorsett spielen die zehn Musiker vom Niederbayerischen Musikantenstammtisch auf. Die junge Blechmusik mit Basstrompete, Tenorhorn, Bass, Tuba, Kontrabass, dazu eine Diatonische, bringt jeden in Stimmung. Immer ohne Noten, frei nach Gehör. Und gesungen wird auch noch dazu.

Äff-tam-tam: Die sieben Musikanten um Roland Pongratz treten seit Sommer 2008 gemeinsam auf. Sie spielen ihre Stücke tänzerisch oder konzertant, schmachtend oder rasant – je nach Lust und Laune. Bei ihren Auftritten bieten sie temperamentvolle Polkas, filigrane Landler, verzwickte Zwiefache oder andere Besonderheiten aus ihrer Heimat, dem bayerisch-böhmischen Grenzgebirge.

Fotogalerie vom Kocherlball 2017

 

Video Eröffnung des Kocherlballs 2017