Klatschen reicht nicht: Bilanz des Warnstreiks im öffentlichen Dienst in München

Familien mit Kindern leiden in Zeiten der Corona-Pandemie besonders unter den Einschränkungen. Lange Zeit durften die Kinder nicht in die Kitas oder Schulen. Jetzt mussten am Montag wieder Kindergärten geschlossen werden – wegen einem Warnstreik, den die Gewerkschaften ausgerufen haben. Den Beschäftigten in systemrelevanten Berufen reicht das Klatschen am Balkon nicht – sie wollen auch eine adäquate Bezahlung für ihren Einsatz. 

Warnstreik Verdi München
Warnstreik im öffentlichen Dienst Quelle Foto Twitter Verdi München

(Update 28.9.2020) 1.500 Mitglieder der Gewerkschaft Verdi aus dem öffentlichen Dienst haben sich am Montag an den Streikaktionen beteiligt. Heinrich Birner, Geschäftsführer der Verdi in München erklärt dazu: „Die wichtigste Erkenntnis des heutigen Tages ist, dass unsere ver.di-Mitglieder entschlossen hinter der 4.8 Prozent-Forderung stehen und bereit sind, an weiteren Streikaktionen teilzunehmen. Und das ist gut so. Wir stehen gesamtgesellschaftlich vor der härtesten Verteilungsauseinandersetzung in der Nachkriegsgeschichte. Es geht schlichtweg um die Frage, wer die Kosten der Coronakrise zahlt. Es darf nicht wieder bei den „Kleinen“ gespart werden, während die „Superreichen“ und Konzerne wie Amazon, Facebook und Co. ungeschoren davonkommen.“

Der Streik in den Kita-Einrichtungen hat im Vorfeld die Wogen hochschnellen lassen. Insgesamt haben sich 400 Verdi-Mitglieder an dem Streik in den Kinderkrippen, Kitas, Tagesheimen und Horten beteiligt. Insgesamt waren 60 Einrichtungen streikbedingt geschlossen. Zusätzlich gab es aber auch coronabedingte Schließungen in München.

Aus den Klinikstandorten Schwabing, Bogenhausen, Harlaching, Neuperlach und Thalkirchner Straße haben sich 180 Beschäftigte am Warnstreik beteiligt und vor dem Klinikum in Schwabing versammelt. Im Ausstand waren auch 25 Auszubildende. In jedem Haus wurde eine Station komplett geschlossen. In Bogenhausen waren nur 5 von 13 OP-Sälen im Betrieb, in Schwabing 2 von 6 OP-Sälen. Die Notfallversorgung war sichergestellt. Dazu hatte ver.di im Vorfeld mit der Klinikleitung eine Notdienstvereinbarung verhandelt.

Bei den Stadtwerken München, incl. der Wassergewinnung Thalham, der Leitzach-Isar-Werke und der Wasserwerke Moosburg-Uppenborn haben rund 600 Beschäftigte die Arbeit niedergelegt. Darunter erstmals auch viele Streikende, die derzeit im Home-Office arbeiten.

Außerdem waren 200 Beschäftigte des Baureferats, 100 aus dem Sozialreferat und viele Mitarbeiter der Stadtbibliotheken im Ausstand. 


(Erstmeldung 27.9.2020) Während des Lock-Downs in der Corona-Pandemie ist deutlich geworden, wie wichtig der gesamte öffentliche Dienst für das Funktionieren des Gemeinwesens ist. Ohne den Einsatz der Beschäftigten in den öffentlichen Betrieben und Dienststellen wäre unsere Gesellschaft im Chaos versunken. In der 2. Verhandlungsrunde der Tarifverhandlungen haben die Arbeitgeber Bund und Kommunen wieder kein Angebot vorgelegt. „Respekt und Anerkennung sieht anders aus. Vom Applaus allein können sie die teuren Mieten im Ballungsraum München nicht bezahlen.“, schimpft Heinrich Birner von der Gewerkschaft ver.di. 

Diskussionen gab es bei den Beschäftigten in den Kindertageseinrichtungen. Geplant war, aus jeder Einrichtung nur eine Person aufzurufen. Damit hätte der komplette Betrieb in den Kinderbetreuungseinrichtungen aufrecht erhalten werden können. Die in den Gewerkschaften organisierten Beschäftigten fühlen sich aber von den Behörden in Bayern im Stich gelassen. Als der 7-Tage-Inzidenzwert in München die 50 überschritten hat, wären nach dem Bayerischen Rahmenhygieneplan weitere Schutzmaßnahmen (sogenannte rote Phase) angezeigt gewesen. Die Behörden haben aber erst einmal entschieden, es vorerst bei den Maßnahmen entsprechend der gelben Phase zu belassen.
„Weil es dabei auch um ihren eigenen Gesundheitsschutz geht, ist der Unmut unter den Beschäftigen im Kinderbetreuungsbereich so groß geworden, dass jetzt einzelne Einrichtungen komplett in den Ausstand gehen.“, erläutert Birner die Maßnahmen. 

 

Am kommenden Montag, 28. September streiken folgende Betriebe und Dienststellen in München:

Stadtwerke München

  • Bereich Versorgung
  • Zentralbereich
  • Wassergewinnung Thalham
  • Leitzach-Isar-Werke
  • Wasserwerke Moosburg-Uppenborn

Klinikum München

  • Schwabing
  • Bogenhausen
  • Harlaching
  • Neuperlach
  • Thalkirchner Straße  

Um die Notfallversorgung sicherzustellen hat ver.di mit der Klinikleitung eine Notdienstvereinbarung verhandelt.

Kinderbetreuungseinrichtungen

Die Eltern der betroffenen Einrichtungen werden zeitnah vor Ort informiert. Der aktuelle Streikaufruf ist auf den einen Tag begrenzt. ver.di erklärt, die weitere Einbeziehung der Kinderbetreuungseinrichtungen sehr verantwortungsvoll vorzunehmen, dabei aber immer auch die berechtigten Interessen der Beschäftigten im Blick haben.

Das Schulreferat der Landeshauptstadt München teilt dazu mit: „Für Montag, 28. September, haben die Gewerkschaften verdi und GEW die Tarifbeschäftigten der Landeshauptstadt München zu einem ganztägigen Warnstreik an den städtischen Kitas aufgerufen. Es ist daher möglich, dass Kitas ganz geschlossen bleiben oder nur teilweise geöffnet haben. Weil spontan gestreikt werden kann, liegen dem Referat für Bildung und Sport vorab keine Erkenntnisse vor, in welchem Ausmaß die städtischen Kindertageseinrichtungen bestreikt werden. Den Eltern wird deshalb dringend empfohlen, direkt bei der jeweiligen Kita-Leitung nachzufragen, ob die Einrichtung voraussichtlich normal geöffnet sein wird, ein Teilbetrieb möglich ist oder ob die Einrichtung komplett geschlossen wird. Die Besuchsgebühren und das Verpflegungsgeld für ausgefallene Betreuungstage werden den Eltern automatisch erstattet.“

Landeshauptstadt München, Baureferat

  • Gartenbau
  • Tiefbau
  • Straßenunterhalt
  • Ingenieursbau

Landeshauptstadt München, Stadtbibliotheken

  •  Einzelne Beschäftigte in den Stadtbibliotheken

Landeshauptstadt München, Kreisverwaltungsreferat

  • Einzelne Beschäftigte des KVR

 

Die Beschäftigten in den öffentlichen Verkehrsmitteln U-Bahn, Tram und Bus sind am Dienstag, 29.9.2020 zu einem Warnstreik aufgerufen.