Sollte der Stresstest des Bundeswirtschaftsministeriums ergeben, dass München ein Engpass bei der Stromversorgung drohe, dürfe ein Streckbetrieb ohne neue Brennstäbe von Isar II kein Tabu sein, erklärt Münchens 2. Bürgermeisterin Katrin Habenschaden.
Die Stadtratsfraktion Grüne-Rosa Liste im Münchner Stadtrat hat sich für die Prüfung einer Verlängerung der Laufzeit vom Atomkraftwerk (AKW) Isar II ausgesprochen, an dem die Stadt München mit 25 Prozent beteiligt ist. Das AKW sollte ursprünglich Ende des Jahres abgeschaltet werden. Bei einem Streckbetrieb bis etwa Mitte des nächsten Jahres erzeugen die jetzt aktiven Brennstäbe weiterhin Strom. Grünen Fraktionschef Dominik Krause dazu: „In der aktuellen Situation halten wir es jedoch für geboten, dass die Bundesregierung eine erneute Bewertung eines Streckbetriebes von Isar II vornimmt. Dabei würden die bereits genutzten Brennelemente für einige Monate weiterverwendet, ohne dass neuer Atommüll entsteht. Laut uns vorliegenden Informationen könnten dadurch bis zu 5 TWh Strom produziert werden.“
Einen Weiterbetrieb von Isar II mit neuen Brennelementen lehnen die Grünen ab. Der Vorsitzende der Münchner Grünen,Joel Keilhauer, erklärt dazu: „Der von manchen Parteien geforderte Weiterbetrieb der AKWs durch die Beschaffung von neuen Brennstäben ist eine politische Nebelkerze. Dies würde mindestens 12 bis 18 Monate dauern – falls sich kurzfristig überhaupt ein Hersteller findet, der kein russisches Uran verwendet. Ganz zu schweigen von neuem Atommüll, der verursacht wird und möglichen Sicherheitsrisiken bei einem Weiterbetrieb der AKWs über mehrere Jahre.“
Die Grünen schließen sich damit dem Votum von Oberbürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzenden der Stadtwerke München (SWM), Dieter Reiter an, der nun grünes Licht hat, die Bundesregierung aufzufordern, einen neuen Stresstest für die Stromversorgung über das Winterhalbjahr zu erstellen. Ein Weiterbetrieb des AKW könnte noch vom Freistaat oder der Stadt beschlossen werden, sondern ist Bundesangelegenheit.
Bürgermeisterin Habenschaden gibt der CSU die Schuld daran, sollte es in Bayern zu Engpässen kommen: „Die CSU hat Bayern von russischer Energie abhängig gemacht. Kein anderes Bundesland importierte 2021 annähernd so viel Gas und Öl aus Russland.
Gleichzeitig wurde durch die Staatsregierung der Ausbau von Erneuerbaren Energien verschlafen oder, beispielsweise durch die 10h-Regel, aktiv verhindert. Das rächt sich jetzt. Bayern ist nun auf Stromimporte aus den anderen Bundesländern angewiesen. Sollte der Stresstest des Bundeswirtschaftsministeriums ergeben, dass München ein Engpass bei der Stromversorgung droht, darf ein Streckbetrieb von Isar II kein Tabu sein.“
Habenschaden weiter: „Die Versorgungssicherheit der Münchnerinnen und Münchner steht für mich als Bürgermeisterin an oberster Stelle. Stromengpässe würden auch unsere Unternehmen schwer treffen. Dies gilt es unbedingt zu vermeiden, denn ohne eine starke Wirtschaft wären wir als Kommune nicht mehr fähig, die sozialen Härten dieser Krise abzumildern.“
Ob es allerdings gerade beim Strom Versorgungsengpässe geben wird, stellte der Vorsitzende der SWM-Geschäftsführung, Florian Bieberbach, vor vier Tagen in einem Interview mit FAZ in Frage. Er meinte, dass ein Weiterbetrieb des AKWs für die Energieversorgung in München keinen großen Unterschied machen würde. Es würde keine Probleme bei der Versorgung mit Strom geben, sondern bei der Wärme. Da würde ein Atomkraftwerk nicht viel helfen, so Bieberbach gegenüber der FAZ.