Drogenskandal bei der Münchner Polizei: Ermittlungen gegen 21 Beamte – Großrazzia bei den Kollegen

Seit 2018 ermittelt nun schon das Bayerische Landeskriminalamt (LKA) gegen Beamte des Polizeipräsidiums München, die in einen Drogenskandal verwickelt sind. Waren es ursprünglich acht Polizisten die im Fokus der Ermittler gestanden haben, hat sich die Zahl nun auf 21 erhöht. Am 23. September 2020 wurden bei einer Razzia Privat- und Diensträume von neun Beschuldigten durchsucht. 

Polizeipräsidium München
Polizeipräsidium München

Die Staatsanwaltschaft München I und das Bayerische Landeskriminalamt (LKA) ermitteln seit Mitte Juli 2018 gegen Beamte des Polizeipräsidiums München vor allem wegen des Verdachts von Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz. Aufgeflogen war das, als ein Drogendealer verhaftet wurde, der Personen in einer Nobeldiskothek am Lenbachplatz in München mit Kokain versorgt hatte. In einem Prozess sagte er aus, dass sich dabei auch eine Reihe von Polizisten „eine goldene Nase“ verdient hätten. 

Im Rahmen anderer Ermittlungen der Münchner Kriminalpolizei gegen einen mutmaßlichen Rauschgifthändler wurden zu diesem Zeitpunkt derartige Vorwürfe gegen zwei Polizeibeamte bekannt. Daraufhin übernahmen die Internen Ermittlungen des LKA, wie in solchen Fällen aus Neutralitätsgründen üblich, zusammen mit der Staatsanwaltschaft München I die weiteren Ermittlungen. Die Auswertung bei den sichergestellten Gegenständen und der umfangreichen Befragungen ergaben sich weitere Verdachtsmomente gegen andere Polizeibeamte. Diese Ermittlungen werden bei der Ermittlungsgruppe „Nightlife“ im LKA geführt.

Neben vier Durchsuchungen, die erneut bei Beamten durchgeführt wurden, die bereits von Anfang an im Fokus gestanden sind, konzentrieren sich die aktuellen Ermittlungen und Durchsuchungen auf 10 weitere beschuldigte Polizeivollzugsbeamte. Unterstützt wurden die LKA-Beamten durch Diensthundeführer des Hauptzollamtes München. Bei vier weiteren Polizeivollzugsbeamten, die als Zeugen geführt werden, wurde ebenfalls nach Beweismitteln gesucht. 

Insgesamt ermitteln die Staatsanwaltschaft München I und das Bayerische Landeskriminalamt derzeit gegen 20 Angehörige des Polizeipräsidiums München, die in acht verschiedenen Dienststellen den Dienst verrichtetet haben. Außerdem richten sich die Ermittlungen gegen einen Beamten, der zum Zeitpunkt der Tatvorwürfe ebenfalls beim Polizeipräsidium München tätig war und jetzt bei der Bayerischen Bereitschaftspolizei Dienst seinen verrichtet.

Ihnen werden insbesondere verschiedene Verstöße nach dem Betäubungsmittelgesetz sowie dem Anti-Doping-Gesetz vorgeworfen. Außerdem besteht der Verdacht weiterer Straftaten nach dem StGB (Verfolgung Unschuldiger, Verwahrungsbruch und Strafvereitelung im Amt). Als besonders gravierend bezeichnet die Staatsanwaltschaft die Tatsache, dass Widerstandshandlungen von unschuldigen Personen gegen Polizisten angezeigt wurden, die aber nicht stattgefunden haben. Außerdem wurden beschlagnahmte Drogen eingesackt und dann von Polizisten auf den Markt gebracht. 

Am Mittwoch, 23. September 2020, seit 6 Uhr morgens wurden die Wohnungen und tangierte Räumlichkeiten in den jeweiligen Dienststellen der beschuldigten Beamten durchsucht. Bei den Razzien beteiligten sich 12 Staatsanwälte, 70 Ermittler des LKA und 100 Polizeibeamte aus München und Augsburg. Es wurden 30 Wohnungen und sieben Dienststellen durchsucht. Von dieser Maßnahme betroffen waren insgesamt neun Polizeibeamte des Polizeipräsidiums München. Nach Abschluss der ersten kriminalpolizeilichen Maßnahmen ist beabsichtigt, den Beschuldigten die Disziplinarverfahren zu eröffnen.

Der Münchner Polizeipräsident Hubertus Andrä äußert sich schockiert über das Ausmaß des Drogenskandals in den eigenen Reihen: „Für mich ist das hier im Raum stehende Verhalten der betroffenen Polizeibeamten absolut inakzeptabel und muss, wenn sich die Vorwürfe wirklich bestätigen, mit aller gesetzlicher Härte bestraft werden. Wir als Polizeibeamte haben durch unsere Aufgabe eine besondere Stellung in der Öffentlichkeit, die es auch stets zu achten gilt. Es kann definitiv nicht geduldet werden, dass, wie es die bisherige Ermittlungslage vermuten lässt, wissentlich von Mitarbeitern unseres Polizeipräsidiums Straftaten verübt wurden. Ich vertraue hier insbesondere auf die unabhängige und neutrale Ermittlungsarbeit des Bayerischen Landeskriminalamts, das zusammen mit der Staatsanwaltschaft München I alles daran setzen wird, den Sachverhalt auf das Genaueste aufzuklären.“