Demo gegen Corona-Maßnahmen Theresienwiese München: Kein Eilantrag bei Gericht wegen Teilnehmerbeschränkung auf 1.000

Für den Samstag hat der Vertreter einer Gruppierung namens „Nicht ohne uns – München“ eine Demonstration auf der Theresienwiese beim Kreisverwaltungsreferat (KVR) in München mit 10.000 Teilnehmern angemeldet. Das KVR hat 1.000 Teilnehmer mit strikten Auflagen zugelassen. Die Polizei wird mit 500 Beamten im Einsatz sein, um den störungsfreien Ablauf der Demo sowie den Gesundheitsschutz zu gewährleisten.

Windsurfer auf der Theresienwiese München
Windsurfer auf der Theresienwiese München

(Update 15.5.2020, 14.59 Uhr) In Münchner Medien hatte es am Freitag Meldungen gegeben, dass der Anmelder der Demo am Samstag auf der Theresienwiese einen Eilantrag eingereicht habe, um die Beschränkung auf 1.000 Teilnehmer aufzuheben und 10.000 Teilnehmer zuzulassen. Das Verwaltungsgericht teilt auf Nachfrage mit, dass bis Freitagnachmittag 14.45 Uhr kein Eilantrag beim Gericht eingegangen sei. 

(Update 15.5.2020, 14 Uhr) Die Veranstaltung am Samstag ist für zwei Stunden für 1.000 Teilnehmern auf der Theresienwiese genehmigt. Die Müchner Polizei wird mit 500 Beamten im Einsatz sein, damit die Demo nicht wieder so aus dem Ruder läuft, wie am letzten Samstag auf dem Marienplatz, wo wesentlich mehr Teilnehmer als genehmigt gekommen waren und der Gesundheitsschutz mit Abstandsregeln nicht mehr zu gewährleisten war. So wird die Polizei bereits den Zulauf zur Theresienwiese regeln, damit nicht mehr als 1.000 Teilnehmer zum kenntlich gemachten Versammlungsort im Südteil der Theresienwiese kommen können. Der Veranstalter muss den Befüllungsgrad überprüfen, wenn es mehr Teilnehmer werden, werden diese abgewiesen.  „Provokantes, enges Zusammenstehen ohne Mindestabstand werden zur Anzeige gebracht werden“, kündigt der Sprecher der Münchner Polizei, Marcus da Gloria Martins, an. Sogenannte Eilversammlungen, die bei der Polizei von Teilnehmern mündlich angezeigt werden, werden am Samstag in Altstadt nicht zugelassen. 

(Update 15.5.2020, 9 Uhr) Das Kreisverwaltungsreferat der Landeshauptstadt München (KVR) hat die für Samstag, 16.5.2020, auf der Theresienwiese angekündigte Demonstration zum Thema „Grundrechte“ mit strikten Auflagen zugelassen. Der Anmelder wollte zu der Demonstration 10.000 Teilnehmende einladen, genehmigt sind aus Infektionsschutzgründen nun maximal 1.000. Den Auflagen liegt eine Gefahrenprognose des Polizeipräsidiums München und des städtischen Referats für Gesundheit und Umwelt zu Grunde.

 Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle erklärt dazu: „Die Versammlungsfreiheit ist ein hohes Rechtsgut mit Verfassungsrang. In der Einzelfallabwägung von Meinungsfreiheit und Gesundheitsschutz wenden wir strenge Maßstäbe an. Verstöße gegen Abstandsregeln und andere Auflagen werden strikt geahndet. Die Polizei wird einschreiten, wenn die Auflagen nicht eingehalten werden, auch was die Teilnehmerzahl angeht. Ich appelliere an die Vernunft und die Verantwortung jedes Einzelnen.“

 Folgende Maßnahmen sind im Bescheid festgelegt worden:

  •          Bereits der Zulauf und die Zugänge zur Versammlung werden kontrolliert, um die Teilnehmerzahl und die Zu- und Abwege der Teilnehmer steuern zu können.
  •          Die Versammlung darf im Vorfeld nicht beworben werden, während der Versammlung dürfen keine Flyer verteilt werden.
  •          Beginn ist 15 Uhr, die Dauer ist auf maximal zwei Stunden beschränkt.
  •          Damit die Demonstration infektionsschutzrechtlich vertretbar ist, darf sie nur stationär auf einer klar gekennzeichneten Fläche durchgeführt werden.
  •          Es gilt ein Mindestabstand von 1,50 Metern zwischen den Teilnehmenden und zu Passanten und Medienvertretern.
  •          Der Veranstalter muss zusammen mit 100 von ihm gestellten Ordnerinnen und Ordnern gewährleisten, dass alle Auflagen eingehalten werden.
  •          Der Veranstalter muss in Absprache mit der Polizei über Lautsprecher einer eventuell auftretenden Menschenansammlung jenseits der Versammlungsfläche entgegenwirken, wenn die zulässige Personenanzahl von 1.000 überschritten wird.

Die erteilte Ausnahmegenehmigung gilt nur für die konkret angemeldete Versammlung und nur bei Einhaltung aller infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen. Andernfalls verliert die Ausnahmegenehmigung ihre Wirkung, es ist mit der Einleitung eines Bußgeldverfahrens zu rechnen und die Versammlung ist aufzulösen.

 


Plakat Ankündigung Demo Theresienwiese München
Trotz Werbeverbot wird mit virtuellen Flyern in Chatgruppen auf Telegram und WhatsApp für die Demo auf der Theresienwiese München geworben

(Erstmeldung 14.5.2020) Ein Vertreter der Gruppierung „Nicht ohne uns München“ hat für den Samstag eine Versammlung mit 10.000 Teilnehmern auf der Theresienwiese angemeldet. Auf Telegram hat der Veranstalter am Donnerstagmorgen verkündet, das das KVR in einem Bescheid eine Versammlung mit 1.000 Teilnehmern bewilligt hätte. Es gäbe verschiedene Auflagen wie ein Werbeverbot für die Veranstaltung, Außerdem soll der Veranstalter bei der Überschreitung der Teilnehmerzahl jenseits der Versammlungsfläche mit Lautsprecherdurchsagen darauf hinwirken, das Gelände zu verlassen. Der Veranstalter solle ferner auf seinen Messengerdiensten die potentiellen Teilnehmer darauf aufmerksam machen, dass diese bei der An- und Abreise ein möglichst breites Spektrum von (öffentlichen) Verkehrsmitteln wie U-Bahn, S-Bahn, Fahrrad- oder Fußverkehr in Anspruch nehmen sollen. Das KVR teilt auf Nachfrage mit, dass die Veranstaltung auf der Theresienwiese angemeldet worden sei, man mit dem Anmelder wegen der Modalitäten in Verbindung sei, ein endgültiger Auflagenbescheid jedoch noch nicht erstellt worden sei ( Stand 14.5.2020, 14 Uhr). 

Bereits gestern wurde in Messenger-Diensten fleißig für die Demo geworben. Dabei kursiert ein Flyer, der dem ähnelt, der bereits bei der aus dem Ruder gelaufenen Demo am vergangenen Samstag auf dem Marienplatz ähnelt. Unserer Redaktion wurden Fundstellen sowohl aus WhatsApp- als auch in Telegram-Gruppen zur Verfügung gestellt (siehe Screenshot). In einer Gruppe schreibt ein User dazu: „Danke für den Demo-Flyer. Habe gleich mal 20 ausgedruckt und werde die in meiner Gegend strategisch verteilen.“ Der Veranstalter der Demo auf der Theresienwiese weist übrigens explizit darauf hin, dass ein Werbeverbot für die Veranstaltung bestehen würde, was aber Chat-Teilnehmer anderen Gruppen wenig juckt. 

In weiteren Reaktionen auf die voraussichtliche Beschränkung auf 1.000 Teilnehmer rufen in Messenger-Gruppen Personen dazu auf, dies schlicht zu ignorieren. Wie auf „Widerstand2020München“: „Mei dann laffan die restliche 9.000 von uns halt aussen umanand rum. Hauptsache präsent sein!“.  Als konkrete Handlungsanleitung wird empfohlen: „Dann sind wir am Samstag halt zufällig auf der Theresienwiese zum Picknick oder so. Mit Abstand natürlich.“ oder „Auf der Demo am besten eine matte oder sitzmöglichkeit mitnehmen“. 

Bei der Überschreitung einer Höchstteilnehmerzahl wird die Polizei auf jeden Fall anders reagieren, als am vergangenen Samstag, wo sich hinterher die dortige Versammlungsleiterin in einem Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung damit brüstet, dass es ein unglaubliches „kooperatives Ding mit der Polizei“ gewesen sei, und man sich am Ende mit einem Handschlag [sic] verabschiedet hätte. „Die Polizei wird einschreiten, wenn die Auflagen nicht eingehalten werden, auch was die Teilnehmerzahl angeht. Die Beamten werden bereits im Vorfeld darauf achten, dass nichts aus dem Ruder läuft.“, so der Sprecher des KVR München, Johannes Mayer. 

Massenaufläufe am Marienplatz wird es übrigens nicht mehr geben. „Künftig werden innerhalb des Altstadtrings nur noch Versammlungen zugelassen, bei denen man davon ausgehen kann, dass das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit, also der Gesundheitsschutz, eingehalten wird.“, so Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle gestern im Münchner Stadtrat. Oberbürgermeister Dieter Reiter hat es dort in einer Zwischenbemerkung in Frage gestellt, ob die Organisation einer Demo mit 10.000 Teilnehmern mit Mindestabstand überhaupt funktionieren könnte. 

Neben der erwähnten Demo auf der Theresienwiese sind am kommenden Wochenende von Freitag bis Sonntag zehnweitere Versammlungen in Zusammenhang mit Corona beim KVR angemeldet. Die meisten bewegen sich innerhalb der 50 Personen-Grenze, gemäß § 7 der Vierten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung. Das KVR kann aber höhere Teilnehmerzahlen zulassen, wenn es im Einzelfall infektionsschutzrechtlich vertretbar ist. Die Abwägung zwischen dem Versammlungsrecht und möglicherweise gegenläufigen Interessen der Öffentlichkeit oder von Sicherheitsbelangen sei eine Entscheidung, die in jedem Einzelfall sorgsam getroffen werden müsse, so das KVR. Man betrachte die Versammlungsfreiheit als ein hohes Rechtsgut mit Verfassungsrang, wie es zuletzt erst in drei Fällen jüngeren Datums zu erleben gewesen wäre, als der Bayerische Verwaltungsgerichtshof Verbotsbescheide der Landeshauptstadt im Kontext Corona aufgehoben hatte.

Übrigens, Auflagenverstöße bei vergangenen Versammlungen reichen nicht für das Verbot einer künftigen Veranstaltung. Das KVR nimmt die Auflagenverstöße aber zum Anlass, die Genehmigungsfähigkeit im Benehmen mit den zuständigen Fachdienststellen und der Polizei weiterhin intensiv zu prüfen. In der Einzelfallabwägung von Meinungsfreiheit und Gesundheitsschutz wendet das Kreisverwaltungsreferat strenge Maßstäbe an, die in Zweifelsfällen künftig zur Ablehnung führen können.