Drei Beamte des Landeskriminalamtes Bayern stehen in Verdacht, Waffen und Waffenteile aus der Verwahrung unterschlagen und verkauft zu haben. Mit einem der registrierten Revolver ist sogar ein Mord geschehen. 2019 erschoss ein Mann seine Ex-Partnerin in NRW.
Eine der ersten großen Amtshandlungen des neuen Präsidenten des Landeskriminalamtes Bayern (LKA), Norbert Radmacher, ist, sich in der Öffentlichkeit für einen beispiellosen Skandal in seiner Behörde zu entschuldigen und die Waffenkammer vorerst dicht zu machen. Denn drei Beamte aus der Zentralen Waffenverwertung haben Waffen beziehungsweise Teile auf dem Schwarzmarkt verkauft. Bei Durchsuchungen konnten bei ihnen umfangreiche Beweismittel sichergestellt werden. Die Waffenkammer der Verwertung im LKA wurde nach den Razzien bei den Beschuldigten mit sofortiger Wirkung temporär geschlossen und umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen angestoßen.
LKA-Präsident Radmacher, ehemals Polizeivizepräsident in München, ist von dem Vorfall erschüttert und erklärt: „Wir nehmen diesen in unserer Behörde sehr ernst und bedauern, dass dadurch das Vertrauen der Öffentlichkeit in unsere Behörde beeinträchtigt ist. Mir ist jetzt wichtig, den Vorfall vollständig aufzuklären. Wir arbeiten eng mit den zuständigen Behörden zusammen, um alle relevanten und benötigten Informationen offenzulegen. Nach internen Untersuchungen haben wir bereits Maßnahmen eingeleitet, um die Ursachen des Vorfalls zu identifizieren und sicherzustellen, dass sich ein derartiges Ereignis nicht wiederholt. Mir ist es ein wichtiges Anliegen, das Vertrauen der Öffentlichkeit wieder vollständig herzustellen und zu erhalten.“
Mord in NRW mit Revolver aus der LKA-Verwahrstelle
Eigentlich hätte der Waffenhandel schon vor fünf Jahren auffliegen können. Denn 2019 feuerte ein Mann in Neuss (NRW) auf offener Straße vier Schüsse auf seine Ex-Freundin ab, die dabei uns Leben kam. Der Täter Patrick H., ein ehemaliger Teilnehmer der TV-Serie DSDS, wurde für den Femizid zu lebenslanger Haft mit Feststellung der besonderen Schwere der Schuld verurteilt. Es stellte sich heraus, dass der Revolver in München in der zentralen Waffenverwertung registriert war. Das Kriminalfachdezernat 11 vom Polizeipräsidium München übernahm damals aus Neutralitätsgründen die Ermittlungen. Nach der Aktenlage hätte die Waffe zu dem Zeitpunkt vom LKA bereits vernichtet sein müssen. Aber es ergab sich kein konkreter Tatverdacht gegen eine bestimmte Person, worauf die Staatsanwaltschaft München I das Verfahren 2021 zunächst einstellte.
Kommissar Zufall deckt LKA-Waffenschieberbande auf
Im Jahr 2023 hat das LKA ein Disziplinarverfahren gegen einen 60-jährigen Beamten aus der Waffen-Verwahrstelle eingeleitet. Dabei ging es aber nicht um die fehlende Pistole. Eine Zeugin hatte mitgeteilt, dass der Polizeibeamte gewaltverherrlichende Äußerungen von sich gegeben habe. Es wurde ein Durchsuchungsbeschluss seiner Wohnung und für die Räume in der Dienststelle beantragt. Dabei konnten IT-Beweismittel (unter anderem Laptop, Smartphone und USB-Stick)
gefunden und sichergestellt werden.
Nach der umfangreichen Auswertung erhärtete sich der Tatverdacht, dass der Beamte wohl auch Waffen abgezweigt hatte. Nun wurde der alte Vorfall von 2019 wieder aufgerollt. Es stellte sich heraus, dass vier weitere Personen in den Skandal verwickelt sind: Ein weiterer Beschäftigter der Zentralen Waffenverwertung des LKA, ein 66-jähriger Pensionist, der dort seinen Dienst verrichtet hatte sowie zwei Privatpersonen, die Waffen angekauft beziehungsweise weiterverkauft haben sollen. Die Durchsuchungen wurden am 15.10.2024 vollzogen. Bisher haben sich aber keine weiteren Hinweise darauf ergeben, wie die beim Mord in NRW verwendete Waffe dorthin gelangt ist. Die noch im Dienst befindlichen Beschäftigten sind vom Dienst suspendiert worden.
Waffenkammer im LKA vorerst geschlossen
Mit der Durchsuchung am 15. Oktober wurde die Zentrale Waffenverwertung des LKA mit sofortiger Wirkung temporär geschlossen. Das Kriminalamt hat bereits sämtliche Kontrollmaßnahmen geschärft und zur Erarbeitung weiterer, objektiv qualitätssichernder Maßnahmen einen neuen Leiter dieser Organisationseinheit installiert. Derzeit wird in diesem Bereich ein komplett neues Team aufgebaut. Die Installation eines Metalldetektors, Videoüberwachungen sowie Umgestaltungsmaßnahmen der Räumlichkeit sind in die Wege geleitet. Aufgesperrt wird erst wieder, wenn erweiterten Sicherheitsmaßnahmen realisiert sind und außenstehende Experten grünes Licht gegeben haben. Nach Abschluss der Ermittlungen wird die Staatsanwaltschaft München die Anklagen präzisieren.